Abstimmungen und Wahlen am 10. Juni – Teil 2

Die Abstimmung über das Koch-Areal am 10. Juni besteht aus zwei Teilen:

1. Dem Objektkredit des Stadtrates, den die Mehrheit des Gemeinderates befürwortet
2. Einer Initiative der FDP, die das Areal an den Meistbietenden verkaufen will

Wird beides angenommen, kommt die Initiative zum Zug. Es ist darum wichtig, dass sie abgelehnt wird. Deshalb möchte ich in diesem Artikel auf die Folgen der Initiative eingehen.

„Für einen ideologiefreien städtischen Wohnungsbau“ schreibt die FDP Zürich 9 als Titel einer Veranstaltung, bei der sie für ihre Initiative „Wohnen und Leben auf dem Koch-Areal“ werben will. Nun sind immer die anderen die Ideologen, aber in diesem Fall ist es besonders krass, wie ideologisch die Initianten selbst unterwegs sind und das gleiche anderen vorwerfen.

Die Initiative will das Grundstück an den Meistbietenden verkaufen. Das ist in der Praxis derjenige, der fähig und willens ist, die meiste Rendite zu erwirtschaften – allenfalls ist es auch derjenige, der sich diesbezüglich am meisten überschätzt.

Weiter verlangt die Initiative:

  1. Der Käufer sei zu verpflichten, auf dem Grundstück Wohnraum, Gewerbeflächen, einen öffentlichen Park sowie Infrastruktur für Kinderbetreuung und Schulraum zu erstellen.
  2. Ein Drittel der Wohnungen sei nach den Vorgaben des kantonalen Gesetzes über die Wohnbau- und Wohneigentumsförderung zu vermieten.

Welche Wohnungen dürfen es sein?

Ein privater Investor will Rendite und der Meistbietende rechnet seine Marge auf den gebotenen Höchstbetrag. Wenn 1/3 der Wohnungen gemeinnützig in Kostenmiete vermietet wird, gibt es da erst mal keine Rendite. Der öffentliche Park ist diesbezüglich auch ebenso unergiebig wie der Schulraum. Damit bleiben die Gewerbeflächen und die verbleibenden 2/3 Wohnungen, um die gewünschten Einnahmen zu erzielen. Mit diesen Einnahmen müsste der Höchstpreis für das gesamte Areal amortisiert werden und zusätzlich die Baukosten für den Park. Wenn das aufgehen soll, wird es sehr teuer.

Es ist fraglich, ob ein solches Konstrukt, bei dem objektfremde Investitionen auf die Miete von Wohnungen geschlagen werden, überhaupt legal ist. Normalerweise sind gemäss Bundesgericht Mietzinse zulässig, die max. 2% über dem Referenzzinssatz liegen, also derzeit 3.5% der Kosten des Mietobjekts. Die Finanzierung weiterer Landkäufe und Vorhaben in der Umgebung ist im Mietrecht nicht vorgesehen und müsste normalerweise aus der Rendite bezahlt werden, was hier aber offensichtlich nicht möglich wäre.

Verwechseltes Gas- und Bremspedal

Die Initiative ist mit dem Versprechen angetreten, die Entwicklung des Areal zu beschleunigen. Die Initianten nehmen für sich in Anspruch, dem Stadtrat „Beine“ gemacht zu haben und ihn dazu gebracht zu haben, sein Projekt voranzutreiben. Wieviel von dieser Geschichte wahr ist, ist eigentlich unerheblich. Das städtische Projekt ist jedenfalls soweit, dass mit der Planung begonnen werden kann. Die entsprechende Ausschreibung für den geplanten Wettbewerb ist erfolgt. Das wäre die Gelegenheit gewesen, die Initiative zurückzuziehen unter höchstmöglichem Eigenlob, man habe die gewünschte Beschleunigung erreicht.

Sollte sie jetzt angenommen werden, würde sie das städtische Projekt verhindern. Stattdessen müsste der Stadtrat einen Bieterwettbewerb ausschreiben, bei dem eine private Immobilienfirma den Zuschlag erhielte und so ihr Portfolio mit einem schmucken Grundstück ergänzen könnte.

Der Kaufvertrag wäre dem Gemeinderat vorzulegen und der würde einen referendumsfähigen Beschluss fassen oder ihn zurückweisen. Sagt das Volk bei einem Referendum schliesslich Ja, ist der private Investor nach Jahren soweit, wie das städtische Projekt heute.

Am Ende hätten wir überteuerte Wohnungen in einer Gegend, in der es schon genug davon hat. Wir hätten einen öffentlichen Park in Privatbesitz, was eine demokratische Kontrolle ausschliesst. Die Eigentümer entscheiden, was geht. Der Gemeinderat kann solche Projekte nur zurückweisen oder annehmen, aber nicht abändern.

Fazit

Es ist absolut nicht zu sehen, welchen Vorteil diese Initiative der Bevölkerung bringen kann. Es ist eine rein ideologische Initiative, die die Geschichte vom bösen, uneffizienten Staat und der guten Marktmacht erzählt. Ideologie pur, denn die Wirklichkeit auf dem Wohnungsmarkt zeigt etwas ganz anderes . Die FDP hat es verpasst, diese Initiative, die als Wahlkampflokomotive geplant war, rechtzeitig zurückzuziehen. Nun hat ihr Wahlkampfvehikel Rost angesetzt und sollte dringend entsorgt werden.

Daher bitte:

JA zum Objektkredit zum Koch Areal
NEIN zur Volksinitiative «Wohnen und Leben auf dem Koch-Areal»