Hardturm: Grosschance vergeben!

Zürich braucht ein echtes Fussballstadion. Und Zürich braucht mehr bezahlbare Wohnungen. Das Projekt "Ensemble" wird weder dem einen noch dem anderen Ziel gerecht. Im Gegenteil: Zürich würde damit ein Eigengoal schiessen.

Nach dem knappen Volks-Nein zu einem rein öffentlich finanzierten Stadion 2012 sollte eine Lösung mit einem privat finanzierten Stadion gefunden werden. Auf den ersten Blick scheint das Projekt «Ensemble» dieser Anforderung zu entsprechen. Schon auf den zweiten Blick bröckelt jedoch die scheinbar schöne Fassade: Durch die Verbilligung des Baurechtszinses und einer sehr grosszügigen Heimfall-Klausel muss die Stadt am Ende mehr als eine Milliarde in die Hand nehmen.

 

Zur Kasse gebeten werden jedoch auch die zukünftigen Mieter*innen in den beiden geplanten Hochhäusern. Mit Mietzinsen von durchschnittlich rund 3650.- pro 100m2 Wohnfläche finanzieren sie die überrissene 4.5%-Rendite, mit der die CS-Anlagefonds planen – eine mutmasslich missbräuchlich hohe Rendite: Das Bundesgericht erlaubt in seiner Rechtsprechung lediglich Bruttorenditen bis zwei Prozent über dem Referenzzinssatz. Das wären 3.5 Prozent. Die CS setzt hier nochmals ein volles Prozent obendrauf. Und das, obwohl Mieten im «mittleren Segment» versprochen wurden. Das ist ein absolutes No-Go – erst recht auf städtischem Land.

137 Meter hohe Stolpersteine für das Stadion

Die SP-Fraktion hat der Kommission deshalb mit einem motivierten Rückweisungsantrag einen Gegenvorschlag präsentiert: Die unproblematischen Teile des «Ensembles» – also die Genossenschaftssiedlung auf dem Baufeld A sowie das Stadion – sollen übernommen werden. Die Stadt soll das Stadion jedoch direkt statt indirekt finanzieren. Und auf dem Baufeld C sollen anstatt der beiden überteuerten Hochhäuser ebenfalls gemeinnützige Wohnungen entstehen. Das kommt nicht nur günstiger, sondern eliminiert auch die beiden 137 Meter hohen Stolpersteine für das Fussballstadion.

 

Denn ob die 137-Meter-Hochhäuser überhaupt gebaut werden können, ist völlig unklar. Sie passen städtebaulich weder in die Nachbarschaft noch ins Quartier. So wurden denn auch bereits Einsprachen gegen die Baubewilligung angekündigt. Damit ist bereits jetzt klar, dass es beim Stadionbau zu jahrelangen Verzögerungen kommen wird. Und das ist noch der beste Fall: Gut möglich, dass das Bundesgericht das Projekt schlussendlich ganz stoppt. Für die beiden Zürcher Fussballclubs wäre das fatal.

Kommission vergibt Grosschance

Indem sie diesen Gegenvorschlag ablehnt, vergibt die vorberatende Kommission des Gemeinderates die Möglichkeit, ein vernünftiges und quartierverträgliches Stadion-Projekt auf dem Hardturm umzusetzen. Wie wichtig das gewesen wäre, zeigt der zweite Entscheid der Kommission: Das Projekt «Ensemble» wird nur von 5 der 13 Kommissionsmitglieder unterstützt.

 

Die SP wird die Vorlage im Gemeinderat ablehnen. Sie wird jedoch Stimmen zur Verfügung stellen, um dennoch eine Volksabstimmung darüber zu ermöglichen. Auch wenn es die Kommission verpasst hat, eine breit abgestützte Vorlage zu präsentieren, sollen die Zürcherinnen und Zürcher über das Ensemble-Projekt abstimmen können. Und so auch die Chance erhalten, mit einem Nein den Konter einzuleiten, der eine bessere Lösung ermöglicht.

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