Arabisch in Zeiten des Minarett-Verbots

As-salaamu alaykum wa-rahmatu l-lah wa-barakaatuhu! Wer sich nun noch nicht erschrocken abgewandt hat: Das ist eine arabische Begrüssungsformel und bedeutet so viel wie „Der Friede sei mit dir und die Gnade und der Segen Gottes“. Selbst Atheistinnen und Atheisten dürften anerkennen: Es gibt unterkühltere Begrüssungen.

Dass ich Arabisch lerne, weiss mein näheres Umfeld seit längerem. Das liegt daran, dass ich auch in Gemeinderats-Sitzungen immer mal wieder geheimnisvolle Kringel und Linien auf einen herumliegenden Zettel ziehe. Oder beim Joggen, Wandern und weiteren guten oder vermeintlich guten Gelegenheiten arabische Vokabeln und Versatzstücke vor mich hin brabble. Für alle, die mich jeweils besorgt mustern, wenn ich manchmal den Dezibel-Output meiner Hirn- und Zungengymnastik unterschätze: Das hat weder mit fortschreitender Demenz noch übersteigertem Geltungsbewusstsein zu tun. Vielmehr ist es so, dass diese Sprache so schwierig ist, dass ich jede verfügbare Minute zum Üben brauche. Ansonsten ist zu befürchten, dass ich in der nächsten Stunde wieder mal Probleme mit der Gender-Frage kriege und männliche und weibliche Du-Formen verwechsle. Oder Blumen und Bäume grammatikalisch zu Personen umdefiniere. Und mich damit den tadelnden Blicken meines Lehrers aussetze.

Warum tue ich mir das an, angesichts meines ohnehin schon übervollen Terminkalenders? Das fragen mich nicht nur fremde Leute. Gelegentlich frage ich mich das sogar selbst. Allerdings nie wie für lange. Denn sehr schnell kommt mir wieder in den Sinn, wie viel Spass mir das Arabisch macht. Wie stolz ich nach den ersten Lektionen war, als sich die Türen zu einer bis anhin völlig verschlossenen Welt zu öffnen begannen. Wie ich mich noch heute freue, wenn ich ein neues Grammatik-Kapitel gemeistert habe und meine Übungssätzli korrekt übersetzen kann. Wie ansteckend die Freude der Menschen in der arabischen Welt sein kann, wenn sie eine Touristin ihre Sprache sprechen hören (und sei sie noch so holprig). Und vor allem: Wie schön und reich und komplex diese Sprache ist, wieviel Einblick mir schon ihre Grundkenntnisse ermöglichen.

Die meisten Leute haben von letzterem leider keine Ahnung. Und assoziieren arabische Laute oder Schriftzüge eher mit Bin Laden als mit poetischer Rezitation oder ornamentaler Kunstfertigkeit. Das ist bedauerlich. In Zeiten, in denen Minarette lediglich als imperialistische Symbole einer feindlichen Macht wahrgenommen werden, erst recht.